Sie haben gebüffelt, Leistung gezeigt und ihr Abitur in der Tasche – und dennoch fällt es jungen Menschen immer schwerer zu entscheiden, welchen akademischen oder beruflichen Weg sie nach dem Schulabschluss einschlagen wollen. Welchen Einfluss das eigene Selbstwertgefühl dabei hat und mit welchen Methoden sich eine solche Entscheidung herbeiführen lässt, weiß Prof. Dr. rer. nat. habil. Eva Asselmann, Expertin für Persönlichkeitspsychologie an der HMU.
Frau Prof. Asselmann, welche Entwicklungsprozesse laufen bei Heranwachsenden ab – und welchen Einfluss hat dies auf ihre Entscheidungsfähigkeit?
In der Jugend und im frühen Erwachsenenalter steht vieles auf Anfang: Junge Menschen entwickeln nicht nur ihr Selbstbild weiter, sondern beginnen auch, zentrale Lebensbereiche aktiv zu gestalten – etwa Beziehungen, Werte oder eben den beruflichen Weg. Diese Entwicklungsaufgaben sind anspruchsvoll, zumal Entscheidungen oft weitreichend erscheinen und mit Unsicherheit behaftet sind. Wer bin ich? Was kann ich? Und was passt wirklich zu mir? Solche Fragen stellen sich gerade dann besonders intensiv, wenn noch wenig Erfahrung vorhanden ist, auf die man zurückgreifen kann.
Welche Rolle spielt das Selbstwertgefühl bei der Entscheidungsfindung und welchen Einfluss haben die Erwartungen der Eltern?
Ein gesundes Selbstwertgefühl ist eine wichtige Grundlage für gute Entscheidungen. Wer an sich glaubt, traut sich eher zu, neue Wege zu gehen, auch wenn sie mit Risiken verbunden sind. Gleichzeitig können überhöhte Erwartungen – gerade von Eltern – Druck erzeugen. Junge Menschen spüren sehr genau, ob ihnen ein Weg wirklich entspricht oder ob sie sich an äußeren Vorstellungen orientieren. Beides muss kein Widerspruch sein – aber langfristig ist es entscheidend, dass der eingeschlagene Weg zur eigenen Persönlichkeit passt.
Wie können Eltern ihre Kinder bei der Entscheidungsfindung unterstützen – und was sollten sie auf keinen Fall tun?
Eltern können eine wertvolle Orientierung geben, indem sie Interesse zeigen, zuhören, ermutigen und realistische Einblicke ermöglichen. Wichtig ist dabei, dass sie ihre eigenen Vorstellungen nicht über die Bedürfnisse des Kindes stellen. Gut gemeinte Ratschläge können schnell als Druck erlebt werden, wenn sie nicht an der Lebensrealität des Kindes anknüpfen. Besser ist es, gemeinsame Gespräche zu führen, Fragen zu stellen und Raum für eigenes Erproben zu lassen.
Können ein Freiwilliges Soziales Jahr oder ein Gap Year nach der Schule jungen Menschen dabei helfen, eigene berufliche Wege und Ziele klarer zu sehen?
Ja, absolut. Wer sich Zeit nimmt, um neue Erfahrungen zu sammeln, entwickelt nicht nur fachliche Kompetenzen, sondern auch mehr Selbstkenntnis – und genau das ist oft die beste Grundlage für tragfähige Entscheidungen. Ein Gap Year kann helfen, Interessen zu schärfen, den eigenen Platz in der Arbeitswelt besser einzuordnen und Vertrauen in die eigene Gestaltungsfähigkeit zu gewinnen.
Was raten Sie jungen Menschen, die Sorge haben, dass das, was sie im Studium oder in einer Ausbildung lernen, später in der Arbeitswelt gar nicht mehr gebraucht wird?
Diese Sorge ist verständlich, denn die Welt verändert sich rasant. Umso wichtiger ist es, nicht nur auf konkretes Fachwissen zu setzen, sondern auch auf überfachliche Kompetenzen wie Problemlösungsfähigkeit, Kommunikation oder Selbstorganisation. Berufliche Entwicklung ist heute kein gerader Weg mehr. Wer bereit ist zu lernen, sich anzupassen und seine Stärken weiterzuentwickeln, bleibt auch dann handlungsfähig, wenn sich die Arbeitswelt wandelt.
Welche konkreten Methoden können bei der Entscheidung für einen beruflichen Weg helfen?
Hilfreich ist, sich selbst zu fragen: Was interessiert mich? Was gibt mir Energie? Was kann ich gut – und was will ich lernen?
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