Wie gut ist unsere Menschenkenntnis – und kann man sie trainieren? Dieser Frage geht der Psychologie Dr. Richard Rau nach, der an der HMU Health and Medical University zum Thema „Accurate Person Perception“ forscht. Gemeinsam mit Wissenschaftler:innen der Universität Münster hat er die frei zugängliche App Who Knows entwickelt. Sie zeigt, wie gut wir andere nach kurzer Zeit einschätzen können. Mit überraschenden Ergebnissen.
„Wenn wir anderen Menschen begegnen, neigen wir dazu, sie schnell einzuschätzen und zu beurteilen. Doch häufig trügt dieser erste Eindruck, denn unsere Menschenkenntnis ist nicht so gut, wie wir glauben“, fasst Dr. Richard Rau seine bisherigen Ergebnisse zusammen. Diese Diskrepanz zwischen Selbstwahrnehmung und tatsächlicher Leistung sei ein zentraler Befund seiner Forschungsarbeit.
Mit der App Who Knows wird die eigene Menschenkenntnis kostenfrei auf die Probe gestellt. Es gibt kurze Videos von Menschen zwischen 18 und 70 Jahren, die sich selbst beschreiben. Anschließend gilt es, Fragen zu deren Persönlichkeit zu beantworten. Dr. Richard Rau: „Bisher hat niemand 90 Prozent oder mehr geschafft.“
Gibt es denn tatsächlich Unterschiede in der Fähigkeit, andere einzuschätzen? „Ja, diese Unterschiede gibt es schon, sie sind aber nur eine von vielen Zutaten, von denen ein erfolgreiches Urteil abhängt. Genauso einflussreich wie die eigene Menschenkenntnis ist z.B., wie leicht das Gegenüber einzuschätzen ist. Manche Menschen sind grundsätzlich sehr offen und geben viel von sich preis“, so der Forscher. „Diese Menschen sind aber für alle leichter lesbar. Verglichen mit Büchern heißt das: Unabhängig davon, dass manche besser lesen können als andere, gibt es auch einfach offene und verschlossene Bücher.“
Ob man die eigene Menschenkenntnis trainieren und verbessern kann, untersucht Rau derzeit, indem er die Antworten und Daten der App-Userinnen und -User auswertet. „Wir haben Power-User, die schon sehr viele Videos gesehen und ihre Einschätzungen zu den jeweiligen Personen abgegeben haben. Bei diesen Personen können wir tatsächlich eine leichte, systematische Verbesserung über die Zeit feststellen. Das spricht dafür, dass wir unsere Menschenkenntnis tatsächlich trainieren können, fast wie einen Muskel. Allerdings ist der Effekt klein und man sollte sich ähnlich wie beim Workout nicht erhoffen, dass nach nur kurzem Training bereits Verbesserungen sichtbar werden. Aber auf lange Sicht gilt dann durchaus, dass Übung den Meister macht.“
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