In der Janosch-Geschichte „Oh, wie schön ist Panama“ verlassen zwei Freunde voller Hoffnung und Abenteuerlust ihre Heimat, um in das Land ihrer Träume zu reisen. So ähnlich fühlte sich auch Julia Jäkel, als sie gemeinsam mit ihrer Familie eine ebenso spannende wie erfahrungsreiche akademische Reise antrat. Ihr Weg führte sie von England über die USA, Finnland und Dänemark zurück nach Deutschland. Am neuen HMU-Campus Düsseldorf/Krefeld lehrt und forscht sie seit Oktober als Professorin für Entwicklungspsychologie.
Forschung zu frühkindlichen Risiken und Resilienz
In der Forschung über den eigenen Tellerrand zu schauen und neue Menschen mit anderen Ideen und eigenen Visionen kennenzulernen, war Julia Jäkel immer wichtig. „Damals hatte ich das Gefühl, die Arbeit als Professorin außerhalb Deutschlands sei dynamischer und mit mehr Anreizen verbunden“, sagt sie. Nach ihrem Psychologiestudium und ihrer Promotion an der Ruhr-Universität Bochum nutzte sie die Chance eines Postdoc-Stipendiums und ging an die University of Warwick. „Dort habe ich eng mit Dieter Wolke zusammengearbeitet, der meine Forschung bis heute stark prägt.“ Im Jahr darauf kehrte sie nach Bochum zurück, wo sie 2012 ein eigenes DFG-Projekt einwarb und 2015 habilitiert wurde.
Zehn Jahre forschen und lehren im Ausland
Doch ihre Erfahrungen in England hatten ihre Abenteuerlust geweckt: Gemeinsam mit ihrer Familie zog die Wissenschaftlerin 2015 in die USA. Sechs Jahre lang lehrte und forschte sie an der University of Tennessee in Knoxville. „Als wir dort starteten, war Obama noch Präsident. Mit Trumps erster Amtszeit veränderte sich auch die Wissenschaft, es wurde schwerer mit der Forschungsfreiheit und ich merkte, dass wir weiterreisen mussten.“ Im Sommer 2021 zog die Familie nach Finnland an den nördlichen Polarkreis. Da ihr Mann ebenfalls Wissenschaftler ist, nahm er 2023 eine Professur in Dänemark an. In dieser Zeit arbeitete die Psychologin parallel zu ihrer Professur an der University of Oulu auch an der Universität Kopenhagen.
Wie Herkunft die Zukunft beeinflusst
In ihrer Forschung konzentriert sich die 45-Jährige auf die Entwicklung von der Geburt bis ins Erwachsenenalter und untersucht, wie sich bestimmte Faktoren in der frühen Kindheit auf das restliche Leben auswirken. „Ich forsche zu den Zusammenhängen von frühkindlichen Risiken und Resilienz. Zu den möglichen Risiken zählen beispielsweise eine Frühgeburt, aber auch die soziale und ökonomische Herkunft sowie die psychische Gesundheit der Eltern.“ Im Mittelpunkt ihrer Arbeit steht die Frage: „Wie können wir allen Kindern trotz dieser Risiken ein gesundes, glückliches und erfülltes Leben ermöglichen?“ Es habe sich gezeigt, so die Professorin, dass oft mehrere Risikofaktoren gleichzeitig vorhanden sind. „Hier gilt es herauszufinden, wie wir mit konkreten Interventionen und auch durch den Abbau von Barrieren im Sozial-, Gesundheits- und Bildungssystem die Resilienz der betroffenen Kinder stärken können.“
Migration und Frühgeburt
In Zusammenarbeit mit internationalen Forscherinnen und Forschern möchte Julia Jäkel die komplexen Mechanismen aufzeigen, die Einfluss auf die psychische Gesundheit und die kognitive und soziale Entwicklung eines Menschen nehmen. „Zum Beispiel ist die Zahl von Frühgeburten in Familien mit Migrationshintergrund höher als in der restlichen Bevölkerung. In Kombination mit anderen Faktoren wie Bildung, Sprachbarrieren oder Diskriminierungserfahrungen kann sich das Entwicklungsrisiko vervielfachen. Wir wissen aktuell aber noch extrem wenig über die langfristige Entwicklung zu früh geborener Kinder mit Migrationshintergrund.“ Mehr als 130 wissenschaftliche Publikationen, u.a. in renommierten internationalen Zeitschriften wie Developmental Medicine and Child Neurology und Journal of Pediatrics belegen die umfassende Expertise der HMU-Professorin auf dem Gebiet der Entwicklungspsychologie.
Lehre und Forschung
Über ihre ersten Wochen am neuen Campus Düsseldorf/Krefeld sagt sie: „Ich bin begeistert von unseren Studierenden, von ihrer Neugier, ihrer Motivation und ihrer Aufgeschlossenheit. Unser erster Jahrgang ist eine äußerst sympathische, bunt gemischte Kohorte. Sie werden als Psychologinnen und Psychologen zukünftigen Generationen als Vorbilder und Identifikationsfiguren dienen. Mir persönlich macht der berufliche Mix aus Forschung und Lehre, mit dem Mentoring des wissenschaftlichen Nachwuchses nach wie vor riesigen Spaß und ich freue mich, an der HMU einerseits junge Menschen zu begleiten und andererseits weiterhin international beachtete Forschung zu betreiben.“ Dass sie als gebürtige Duisburgerin jetzt wieder am Rhein tätig sei, trüge zu ihrer Zufriedenheit ebenfalls bei, betont Julia Jäkel. „Nach zehn Jahren im Ausland zu meinen Wurzeln zurückzukehren, das schließt den Kreis. Jetzt weiß ich auch wieder, wie schön die eigene Heimat ist.“
Eine Erkenntnis, die auch die beiden Freunde in der Janosch-Geschichte am Ende ihrer Reise gewinnen.
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